Dorfhaus: Eine Ratsmehrheit ist drin

Hier ein Zeitungsbericht der Aachener Zeitung vom 17.06.2023.

Dorfhaus: Eine Ratsmehrheit ist drin.

Scherberger Vereine wollen Veranstaltungsstätte am Rande des Wurmtals. Das sagen die Fraktionen.

VON JAN MÖNCH

WÜRSELEN

Sollte auf öffentliche Mittel zurück gegriffen werden, um den Scherberger Ortsvereinen zu einer Heimat zu verhelfen? Und ist das Landschaftsschutzgebiet am Rande des Wurmtals der geeignete Ort für dassogenannte Dorfhaus? Um diese Fragen ist, auch durch die beherzte öffentliche Kritik eines Anwohners, eine rege Diskussion entstanden.  Entscheidend ist freilich, wie die Würselener Ratsfraktionen zu dem Thema stehen. Und eine Umfrage ergibt, dass die Vereine sich berechtigte Hoffnungen auf eine politische Mehrheit für ihr Anliegen machen dürfen. Die allerdings bei weitem nicht einstimmig ausfallen dürfte.  Es geht um die Schützenwiese an der Scherberger Paulinenstraße,  gelegene in Stück östlich vom alten Armada-Sportplatz. Das Areal ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, engumgeben wird es durch ein–noch strenger geschütztes–Naturschutzgebiet. Vier Scherberger Ortsvereine unter Federführung der St.-Hubertus-Schützen würden hier gerne ein multifunktionales Dorfhaus mit Mehrzweckhalle und Schießstand errichten lassen, auf einer Fläche von 12,5 mal 25 Meter und subventioniert mit einer halben Million Euro aus dem städtischen  Haushalt. Denn öffentliche Veranstaltungsstätten gibt es in Scherberg nicht mehr. Ein zentrales Argument der Vereine besagt, dass ja auch die Sportvereine mit vielen Millionen Euro für die neuen Sportanlagen bedacht worden seien, und nun sei das Brauchtum an der Reihe. Wie stehen die Ratsfraktionen zu dem Anliegen?

Das sagt die CDU:
Die Christdemokraten stehen am eindeutigsten hinter dem Dorfhaus und haben das auch von Anfang an deutlich gemacht. Was nicht überrascht, ist doch FraktionssprecherKarl-JürgenSchmitz eine treibende Kraft des Vorhabens. Stadtverbandsvorsitzender Balthasar Tirtey würde es sogarbegrüßen, wenn das Beispiel Schule machen und auch in anderen Ortsteilen vergleichbare Initiativen angestoßen würden. „Wir sind davon überzeugt, dass die gesamte Gesellschaft profitiert, wenn Vereine das Miteinander pflegen können“,  sagt der Ratsherr. Auch BürgermeisterRoger Nießen, selbstCDU-Mann,  hat in der Vergangenheit bereits seine Unterstützung signalisiert, was im Stadtrat eine zusätzliche Stimme bedeuten würde.

Das sagt die SPD:
Die zweitgrößte Ratsfraktion steht dem Dorfhaus „sehrkritisch“ gegenüber, wie Fraktionsvorsitzender Christoph Küppers im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt. Das hat zunächst mit dem Standort indem geschützten Gebiet zutun, der zudem alles andere als zentral gelegen sei. Der zweite wesentliche Grund für die Haltung  der SPD ist die angespannte Haushaltslage.„Wenn wir für Scherberg ein Dorfhaus finanzieren würden, würden wir damit Begehrlichkeiten wecken, die wir nicht bedienen können“, so Küppers. Über eine zentralgelegene, also nicht nur für die Scherberger gedachte Schießsportanlage fürLang-und Kurzwaffen nachzudenken, wäre die SPD hingegen bereit.

Das sagen die Grünen:
Der Koalitionspartner der CDUzeigt sich zurzeit noch unentschlossen. Die Bedenken hinsichtlich der notwendigen Flächenversiegelung seien zwischenzeitlich ausgeräumtworden, da ein ökologischer Ausgleich in Aussicht gestellt worden sei, der den Interessender Grünen gerecht werde, erklärt Fraktionsvorsitzender Michael Jochmann. „Einzig das Thema Lärm macht uns noch ziemliche Sorgen, da sich in der Nähe des Grundstücks nachweislichein Brutgebiet für den streng geschützten Steinkauz befindet und in folge der geänderten und erweiterten Nutzung im Dorfhaus mit einer deutlich höheren Lärmentwicklung auch in den Abendstunden zu rechnen sein wird.“ Entscheidende Wirkung könnte eine Stellungnahme des Naturschutzbeirats der Städteregion entfalten, um die die Grünen gebeten haben.

Das sagt die FDP:
Fraktionsvorsitzender Hans Carduck und seine Parteifreunde sind für das Projekt–allerdings unter der Voraussetzung, dass das Dorfhaus instädtischen Besitz übergeht. Zu dem legt er Wert darauf, dass die Vereine eine ganzjährige Konzession für den Ausschank von Speisen und Getränken beantragen. Der oben beschriebene Vergleich mit den Sportvereinen,  den dieScherberger Ortsvereine angestrengt haben, ist bei der FDP all die weil nicht gut angekommen.  „DerVergleich ist nicht ganz richtig“, sagt Hans Carduck. „Diese Vereine führen riesige Jugendabteilungen, die es bei den Schützen in dieser Form nicht gibt.“

Das sagt die UWG:
Fraktionsvorsitzende Michael Benja hingegen findet den von Carduck kritisierten Vergleich zutreffend und angebracht. Die erheblichen Mittel fürJupp-Derwall-Stadion und Co. spielte n die „Lobby der Fußballvereine in der Gesellschaft“ wider. Trotzdem sehe man das Projekt bei der UWG bislang „kritisch“, insbesondere moniert Benja, dass den politischen Gremien bislang kein Konzept vorgelegt worden sei. Man sei deshalb gar nicht imstande, eine Entscheidung zutreffen.  Insbesondere sei problematisch, dass Begehrlichkeiten in anderen Stadtteilen geweckt würden, wo die Vereine unter ähnlichen Problemen litten. Die UWG sei für eine Gleichbehandlung.

Das sagt die Partei:
Fraktionsvorsitzender Alfred Reuters gibt sich als Befürworter derSubventionierung zuerkennen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Vereine das Dorfhaus nicht ausschließlich für sich alleine nutzen würden.  „Wir hoffen sehr, dass auch anderen Einwohnern die Möglichkeit eingeräumt werden soll,das Dorfhaus zu nutzen. Speziell dieJugend. “Wenn das nicht gewährleistet wäre, stünde die Zustimmung seiner Fraktion hingegen infrage. Die möglicherweise in anderen Stadtteilen erwachsenden Begehrlichkeiten betrachtet Reuters hingegen nicht als Hindernis.„Wir halten es für die Aufgabe einerKommune, Treffpunkte wie das Dorfhaus zuschaffen.“